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175 Jahre «Gelbe» Mode: ein Rückblick auf die Dienstkleidung der Schweizerischen Post

Wenn Kleider Leute machen, macht dann die Uniform den Pöstler? Zum 175. Jubiläum werden für sämtliche Mitarbeitende der Schweizerischen Post neue Dienstkleider eingeführt. Ein guter Anlass, einen kleinen Blick zurück auf die Geschichte der Post-Uniformen zu werfen, in der sich auch so manche gesellschaftliche Entwicklung widerspiegelt.

Schon die Standesläufer aus dem 16. Jahrhundert tragen – wenn noch keine einheitliche – zumindest eine gut erkennbare Kleidung, die ihren Status sichtbar macht. Um die gleiche Zeit verbreitet sich unter den Postillons das Führen des berühmten Posthorns, dessen Blasen zu ihren Vorrechten gehört. Bei seinem Erklingen müssen die anderen Fuhrwerke dem Postwagen Platz machen, und Schlagbäume und Stadttore unverzüglich geöffnet werden. Das Posthornsignal gilt auch als Aufforderung für alle, die dem Postillon Briefe mitgeben wollen. Obschon es im alltäglichen Postdienst schon lange nicht mehr eingesetzt wird, gilt das Blasinstrument auch heute noch als internationales Symbol des Postwesens. In der Schweiz zierte es lange die Post-Uniformen und selbst nach dem 2023 lancierten neuen Corporate Design prangt es in stilisierter Form nach wie vor auf den Postautos. 

Mit der Gründung des Bundesstaats im September 1848 wird auch das bislang kantonal organisierte Postwesen zur eidgenössischen Aufgabe erhoben. Ab dem 1. Januar 1849 nimmt die Eidgenössische Post den Betrieb auf. Neben den neu zentralisiert organisierten Dienstleistungen trägt sie im noch jungen Bundesstaat wesentlich zur Bildung eines nationalen Bewusstseins bei: Durch die Präsenz der Post in praktisch jeder Gemeinde wird das sonst noch eher abstrakte Konstrukt eines Bundesstaates greifbar. Ein konsequent einheitlicher Auftritt scheint aber anfänglich noch keine Priorität darzustellen: Weder Logo noch Dienstkleider sind standardisiert. In den ersten 50 Jahren ihrer Existenz zeichnet eine allgemeine Uneinheitlichkeit das Wesen der eidgenössischen Postverwaltung aus. Pragmatismus und Wirtschaftlichkeit lenken die Entscheidungen.

Das 1850 eingeführte Dienstreglement verpflichtet zunächst die Postillons, Kondukteure und Stadtbriefträger, sowie die Packer und Bürodiener zum Tragen einer Uniform. Dabei stellt die Postverwaltung lediglich den Rock (Jacke) und den Mantel (in vielen Fällen nur den Mantelkragen) unentgeltlich zur Verfügung. Den Rest müssen die Angestellten selbst beschaffen, wobei die Vorgaben bezüglich Materialqualität und Ausführung zu beachten sind. So muss ein Postillon beispielsweise auch sein ikonisches Posthorn auf eigene Kosten organisieren. Die rot-weisse Kordel dazu offeriert dagegen der Arbeitgeber.

Die Schweizer Briefträger sind bis in die 1940er-Jahre in einer vom Militär inspirierten, dunkelblauen Uniform unterwegs, die mit rotem Passepoil akzentuiert und mit Messing-Knöpfen geschmückt ist. Über die Jahrzehnte gibt es immer wieder Anpassungen; die Uniformen werden etappenweise standardisiert und vereinheitlicht. Kondukteure und Postillons haben eine ähnliche Uniform wie die Briefträger, heben sich jedoch durch bestimmte Identifikationsmerkmale von ihnen ab: Das knallrote Gilet und der lackierte Melonenhut aus Leder zeichnen den Postillon aus, ein verziertes Messing-Brustschild den Kondukteur (siehe Titelbild).

Nicht nur Stil und Schnitt erinnern an Militäruniformen, auch die durch unterschiedliche Abzeichen gekennzeichneten Dienstränge sind analog zur Armee. Auf dem Veston-Revers und der Mütze weisen Sterne, Lorbeeren oder Goldgalons auf die Hierarchiestufe des Beamten hin. Auch seine Funktion wird symbolisch auf der Uniform abgebildet. So tragen zum Beispiel Wagenführer und Mechaniker ab 1920 rote Lenk- und Zahnrad-Symbole am Oberärmel.

Die Farbpalette verändert sich 1948 das erste Mal wesentlich: Das traditionelle Dunkelblau weicht einem neuen grau-blauen Farbton und die roten Passepoils verschwinden. Ab 1964 werden neue Accessoires wie die Fellmütze und der elegante Filzhut in den Bestand aufgenommen.

Nach wie vor arbeiten bei weitem nicht alle Angestellten in Uniform. Der Schalterdienst zum Beispiel wird lange Zeit von Personal in Zivilkleidung vollzogen. Bei den sogenannten «uniformierten Beamten» (UB) handelt es sich bis in die 70er-Jahren exklusiv um männliche Angestellte, die vornehmlich als Briefträger, als Wagenführer, in der Verarbeitung von Briefen und Paketen, im Versand, bei der Bahnpost oder im Bürohilfsdienst arbeiten. Ihre Uniform macht sie nach aussen als PTT-Mitarbeitende erkennbar. Für diese unteren Beamten besteht die Möglichkeit, im Rahmen einer klassischen Beamtenlaufbahn (intern manchmal despektierlich die «Migros-Laufbahn» – sprich der «billige» Weg – genannt), in Kaderstellen aufzusteigen.

1973 werden erstmals auch für Frauen Uniformen «von der Stange» eingeführt und die Farbpalette wird breiter. Mit taillierten Schnitten und Artikeln wie dem bordeauxroten Lumber aus Kunstleder wirkt das neue Sortiment modischer und entfernt sich entschieden vom Militärchic. Tatsächlich unterscheidet sich das PTT-Veston von einem Zivilveston nur noch durch die Uniformknöpfe mit dem grossen Schweizerkreuz und durch das PTT-Abzeichen. Ab 1976 wird der traditionelle PTT-Schriftzug mit Schweizer Fahne ersetzt durch ein futuristisch wirkendes Logo, das das Posthorn mit einem Sendesignal vereint.

Diese Neuerungen spiegeln den sich ändernden Zeitgeist wider. Erweckte die Uniform bei den älteren Generationen noch Vertrauen und Respekt, erscheint sie nach der kulturellen Revolution der 1960er zunehmend wie ein «alter Zopf», der dunkle Erinnerungen an Nationalismus und Militarismus hervorruft. Innerhalb der PTT-Betriebe schwindet das mit der Uniform stark verbundene Standesdenken und der Personalmangel macht die Schranken zwischen den Geschlechtern durchlässiger. Durch das Aufkommen einer pluralistischen, von Jugendtrends inspirierten Modekultur und der allgemeinen Tendenz hin zu legerer Kleidung wirken die vom Militär geprägten Uniformen steif und veraltet. Da aber die Notwendigkeit der Erkennbarkeit der diensthabenden Beamten, sowie der Wunsch nach Repräsentation in weiten Teilen der Bevölkerung weiterhin besteht, kann die Dienstkleidung nicht gänzlich abgeschafft werden. Man geht also einen Kompromiss zwischen Tradition und Mode ein. Auch mit der Verdrängung des Wortes «Uniform» durch den neutraleren Begriff «Dienstkleidung» wird das Militärische evakuiert.

Der Einfluss der Modeströmungen auf die Dienstkleidung bleibt auch in den 1980ern unverkennbar. Anorak, Lumber, Polohemd, Pullover, Latzhose und Sommerkleid bieten eine Alternative zum klassischen Veston mit Hemd und Krawatte. Das Sortiment umfasst in dieser Zeit 30 Kleidungsartikel, verfügbar in 30 verschiedenen Veston- und 70 Hosengrössen!

Am Anfang der 1990er Jahren lautet die neue Devise «modisch und bequem, pflegeleicht und trotzdem strapazierfähig». Der Trend entfernt sich weiter weg vom Veston und hin zum bequemen T-Shirt oder Wollpullover. Die blau-grauen und bordeauxroten Farbtöne bleiben, werden aber durch zusätzliche Farben wie Silbergrau, Marineblau, Kobaltblau und Pink ergänzt. Das umfangreiche Dienstkleidersortiment bietet den Mitarbeitenden die Möglichkeit, zwischen den verschiedenen Kleiderstücken frei zu kombinieren und sich nach persönlichen Wünschen und Traggewohnheiten zu kleiden. Gewisse Vorschriften bezüglich Kleiderkombination und Schuhwerk müssen aber eingehalten werden.

Als 1997 der Staatsbetrieb PTT aufgelöst und die Post zum privatrechtlichen Unternehmen mutiert, werden zunächst nur die Logos auf den Uniformen angepasst. Bald wird der Betriebsleitung jedoch klar, dass die «Vielzahl von Kleidungsstücken in verschiedenen Schnitten und Farbtönen kein einheitliches Erscheinungsbild der Post [vermittelt]», und dass die verwendeten Bordeaux- und Blautöne «nicht ins Farbkonzept des Unternehmens» passen. Dementsprechend werden neue Dienstkleider in Auftrag gegeben, die die Farbe «Postgelb» mit «unbunten Farben» in verschiedenen Tönen (Weiss bis Schwarz) kombinieren. Dabei wird aber das Postgelb zurückhaltend eingesetzt, zum einen wegen seiner Schmutzempfindlichkeit, zum anderen, weil man die Toleranzgrenze der Mitarbeitenden gegenüber dieser grellen Farbe nicht überschreiten will. «Modern aber nicht trendy» sollen die Dienstkleider sein, und Uniformität durch freie Kombinierbarkeit vermeiden.

2007 wird das Sortiment mit Kleidern erneuert, die auf «[innovativen] Materialien und [wegweisender] Technologie» basieren und für erhöhten Komfort, bessere Qualität und Schutz sorgen. Das Farbkonzept bleibt aber weitgehend gleich. 2015 weicht im Innerdienst das postgelbe einem kanariengelben Hemd. Türkise Töne werden eingeführt.

Ab 2025 werden die Dienstkleider für sämtliche Mitarbeiter der Schweizerischen Post ein weiteres Mal erneuert. Rund 20 verschiedene Kleidungsstücke bietet das neue Sortiment, das mit dem seit rund 25 Jahren bestehenden Farbkonzept bricht. Die blauen und anthrazitfarbenen Töne werfen den Betrachter zurück in die Zeiten der PTT. Das Postgelb ist weiterhin vorhanden, setzt aber nur noch diskrete Akzente am Kragen, am oberen Ende des Rocks oder an der Manschette.

Zusammen mit Briefkasten, Kutschen oder den gelben Postautos gehören die Dienstkleider zu den sichtbarsten Elementen der Schweizerischen Post. Sie verkörpern immer auch den Zeitgeist und das Selbstverständnis des Unternehmens in den verschiedenen Epochen seiner Geschichte. Umso erstaunlicher wirkt der Umstand, dass es zu den Post-Uniformen vergleichsweise wenig Dokumentation gibt, da das Thema bisher kaum systematisch untersucht wurde. Eine Herausforderung für zukünftige (Hobby-)Historiker?

Autoren

Roger Steinmann, Fachmann Information und Dokumentation, Museum für Kommunikation, Bern
Tim Hellstern, Konservator-Restaurator Technisches Kulturgut, Museum für Kommunikation, Bern

Quellen

Abbühl, Jürg [Red.] (2011): Gelb bewegt: die Schweizerische Post ab 1960. Bern, Stämpfli Verlag.

Blaser, Erich (1990): La nouvelle image de marque des PTT, au travers de l'uniforme également. In: Revue des PTT, 63(5), S. I-IV.

Imhof, Albert (1974): L'uniforme des PTT suisses: évolution au cours des temps. In: Revue des PTT, 25(6/7), S. 39-43.

Keller, J (1982): Vom Tragdauer- zum Punktesystem: über die PTT-Dienstkleider und ihre Aufgabe. In: PTT-Zeitschrift, 55(8), S. 22-23.

Pellin, Elio [Hg.] (2004): Weiss auf Rot: das Schweizer Kreuz zwischen nationaler Identität und Corporate Identity. Zürich, Verlag Neue Zürcher Zeitung.

Sowie diverse Broschüren, Kataloge, Dienstreglemente und interne Dokumente der Schweizerischen Post / PTT aus den Beständen des Museums für Kommunikation und des PTT-Archivs.

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