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Diversität im Museum

Diversität ist das Schlagwort der Stunde. Aber was heisst es, wenn man sich damit ernsthafter auseinandersetzen will? Das Museum für Kommunikation macht sich auf den Weg und hat dazu eine Diversitätsstrategie entwickelt. Veronica Reyes, Zuständige für Diversität und Inklusion, nimmt uns im Interview mit zu den Herausforderungen und Höhepunkten in den ersten Monaten der Umsetzung.

2021 hat sich das Museum für Kommunikation intensiv mit Diversität befasst. Der Prozess mündete Anfang 2022 in einer Diversitätsstrategie – einem Papier, welches das Museum und sein Team auf dem Weg zu mehr Diversität begleiten soll.

Weshalb braucht ein Museum eine Diversitätsstrategie und was ändert sich nun? Veronica Reyes, eine erfahrene Kommunikatorin und neu auch Zuständige für Diversität und Inklusion im Museum für Kommunikation beantwortet Nico Gurtner diese Fragen.

 

Veronica, eine Frage stellen sich wohl einige Aussenstehende: Weshalb braucht ein Museum eine Diversitätsstrategie? Wird da nicht einfach die Vergangenheit ausgestellt?

Wir wollen für die Gesellschaft relevant sein, indem wir Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Kommunikation miteinander verknüpfen. Damit wir relevant sind, müssen wir auf die gesellschaftlichen Bedürfnisse eingehen. Und das geht nur, wenn wir die Gesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt wahrnehmen und für alle zugänglich sind. Auch wenn dieser Anspruch sehr gross und wohl nicht ganz erreichbar ist, wollen wir uns an ihm orientieren. Ich persönlich verstehe das Museum ohnehin nicht nur als Ausstellungsort für künstlerische, historische (usw.) Objekte. Für mich ist es die Heimat der Musen, also ein Ort für Inspiration.

Zeigt die Strategie in diesen ersten sechs Monaten schon erste Auswirkungen?

Dank der Strategie haben wir einen klareren Blick dafür, dass gewisse Bereiche im Museum bezüglich der Diversität weiter sind als andere. Der Soll-Ist-Vergleich ist einfacher. Dann hat die Strategie die Mitarbeitenden ermutigt, sich noch aktiver zum Thema einzubringen.

Zum Beispiel haben wir aktuell eine interne Diskussion über eine Kategorie im Sammlungskatalog, die den Titel «Sexy» trägt. Ein paar Besucherinnen haben den Namen sexistisch gefunden und eine Kommunikatorin darauf aufmerksam gemacht. Dies hat eine interne Diskussion in Gang gesetzt, die noch nicht zu einer langfristigen Lösung, aber eindeutig zu einer Sensibilisierung des ganzen Teams geführt hat. Wir Kommunikator:innen sind ja in einer privilegierten Position, um mit den Besuchenden über das Thema zu sprechen. Aber nochmals: Dank der Strategie ist allen klar, dass Diversität und Inklusion eben nicht nur ein Thema für den Vermittlung- und Ausstellungsbereich ist – es ist etwas, an dem wir kontinuierlich und langfristig arbeiten müssen. Wir stehen erst am Anfang eines Weges.

Ein Foto der Kommunikatorin und Zuständigen für Diversität, Veronica Reyes. - vergrösserte Ansicht
Veronica Reyes arbeitet als Kommunikatorin im Museum seit Jahren eng mit den Besuchenden zusammen. Seit anfangs 2022 ist sie auch Zuständige für Diversität und Inklusion.

Wie viel kannst du allein, mit deinen 20 Stellenprozenten, ausrichten?

Ich sehe mich als Fürsprecherin, Koordinatorin und Multiplikatorin. Das heisst, ich setze eigene Impulse, greife Impulse aus dem Team auf, unterstütze und koordiniere. So möchte ich einen kollektiven Effort ermöglichen, der einem Vielfachen meiner Stellenprozente entspricht. Diversität wird zur Teamaufgabe und zum Teamerfolg. Das ist auch sachlich notwendig: Keine Diversität und Inklusion ohne die Vielfalt der Perspektiven! Diverse Teams sind innovativer, weitsichtiger, in jeder Hinsicht ressourcenreicher und führen so zu besseren Lösungen.

Was mich sehr freut: Das Interesse im Team ist gross, das Thema fällt auf fruchtbaren Boden. Manchmal kann es fast nicht schnell genug gehen!

Das klingt herausfordernd! Nicht alles lässt sich von heute auf morgen ändern…

Ja, das stimmt. Zum einen ist nicht immer klar, was denn genau die bessere Lösung ist. Zum anderen können wir nicht jedes Problem oder jeden Fehler, der aus einer Diversitätsperspektive existiert, sofort lösen. Das kann technische oder finanzielle Gründe haben. Und das liegt in der Natur der Sache. Diversität und Inklusion hat mit Denk- und Handlungsmustern zu tun, deren Wandel Zeit braucht. Wir hinterfragen bewusst Vorstellungen des Normalen und brechen zum Teil mit ihnen. Dagegen gibt es auch Widerstand, das ist verständlich. Was den einen zu viel und zu schnell erscheint, ist den anderen zu wenig zu und zu langsam. Das kann bei den Befürworter:innen des Wandels zu Frustration führen, gerade weil – wie erwähnt – das Interesse am Thema gross ist. Wir müssen also einen Mittelweg finden. Wir müssen und dürfen mit unserer Imperfektion leben. Sonst überfordern und blockieren wir uns. Zugleich müssen wir am Anspruch festhalten, jeden Tag ganz konkret, im Grossen oder im Kleinen, etwas diverser und inklusiver zu werden.

Eine Collage mit vielen Fotos mit unterschiedlichen Besuchenden des Museums für Kommunikation. - vergrösserte Ansicht
In einer kurzen Aktion haben wir im Sommer 2022 versucht, unser vielfaltiges Publikum zu erfassen – es kamen in wenigen Tagen Menschen aus mindestens 10 verschiedenen Ländern zusammen, die noch mehr Sprachen sprechen. Aber Diversität hat immer auch etwas Unsichtbares: Die tollen Gespräche und persönlichen Geschichten sind hier leider nicht zu sehen!

Was wünscht du dir für die nächsten Monate?

Zwischen August und Dezember 2022 arbeiten wir als Pilotprojekt in einer bereichsübergreifenden Arbeitsgruppe zum Thema zusammen. Ich hoffe, dass wir in diesem Kreis kreative und wirkungsvolle Lösungen erarbeiten. Allgemein gesprochen erhoffe ich mir Geduld, Vertrauen und auch ein bisschen Skepsis – aber nicht zu viel ? Ich wünsche mir für das Museum eine Inklusionskultur, in der die Mitarbeitenden das Gefühl haben, geschätzte Mitglieder eines Teams zu sein. Ich wünsche mir auch Nachhaltigkeit, also ein anhaltendes Interesse am Thema und an neuen Ideen.

Was ist dir persönlich auf diesem Weg zur Diversität wichtig?

In einem der allerersten Texte, den ich über Diversität am Arbeitsplatz las, stand so etwas wie "Rule Nr. 1: Don't make it about you." Ich bin anderer Meinung. Die Dinge ändern sich nur, "when we make it about ourselves". Ich glaube, dass das persönliche Engagement, die intrinsische Motivation zentral ist.

Eine der grössten Herausforderungen ist für mich, das Gleichgewicht zwischen meinem "professionellen" und meinem "persönlichen" ICH zu finden. Diversität erfordert viel Selbstbeobachtung und Reflexion. Ich finde aber diese Subjektivität spannend, denn ich weiss, dass unser Gehirn darauf ausgerichtet ist, Verbindungen herzustellen. Und ich glaube, dass es am Arbeitsplatz immer mehr um Beziehungen, Emotionen und Gefühle auch geht. Niemand sucht einen beliebigen, anonymen Arbeitsplatz – wir alle möchten einen Wirkungsort mit Bedeutung, guter Gesellschaft und einem positiven Ergebnis. Dazu kann Diversität beitragen.

Autor:innen

Veronica Reyes, Kommunikatorin und Zuständige für Diversität und Inklusion , Museum für Kommunikation, Bern
und Nico Gurtner, Leiter Marketing und Kommunikation, Museum für Kommunikation, Bern

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