Navigieren auf der MfK-Website

Luft und Wasser statt Heizöl – Heizungsersatz im Museumsdepot

Auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Museum ersetzen wir im September 2022 die Heizung im Museumsdepot in Schwarzenburg. Dank einer Luft-Wasser-Wärmepumpe beheizen wir im Museum für Kommunikation sämtliche Liegenschaften ohne fossile Energie. Tim Hellstern, unser Depotverantwortlicher, versucht zu verstehen, welchen Ölsee er damit eingespart hat.

Geschafft! Nach langer Planung, einem aufwändigen Systementscheid und einer Umsetzungsphase inklusive krisenbedingten Lieferverzögerungen können wir anfangs September die neue Heizung in Betrieb nehmen. Ein Meilenstein, denn die Luft-Wasser-Wärmepumpen ersetzen die alte Ölheizung und bilden die neue Wärmequelle für unser externes Sammlungsdepot in Schwarzenburg. Die beiden Module erbringen zusammen eine maximale Heizleistung von rund 220 KW und werden zu einem wesentlichen Teil mit Solarstrom von unserem Dach betrieben.

Depotgebäude im Hintergrund, Kiesfläche mit silbernen Heizungsmodulen im Vodergrund - vergrösserte Ansicht
Die neuen Heizungsmodule auf dem Areal des Zentraldepots in Schwarzenburg

Heizen für das (Depot-)Klima

Die Heizung ist für uns ein wichtiges Element zur Regulierung des Klimas in den Depoträumen. Aus ökologischen wie ökonomischen Gründen haben wir uns dazu entschieden, das Raumklima in den Depoträumen primär unter Berücksichtigung der Jahresschwankungen sowie gezieltem Temperieren zu steuern. Kurz erklärt: Im Winter lassen wir die Temperaturen sogar auf bis zu 13°C absinken und können so auf «natürlichem» Weg die relative Luftfeuchte in den Depoträumen im gewünschten Bereich halten – ganz ohne aufwändige Klimaanlage. In den eher feuchten Übergangsphasen im Frühling und Herbst senken wir eine zu hohe Luftfeuchtigkeit durch gezieltes Heizen. Die Faustregel besagt, dass mit einem Grad Erhöhung der Raumtemperatur gleichzeitig die relative Luftfeuchte um rund 5 % gesenkt werden kann.

Roter, oben offener Schuttcontainer mit grossen Ölheizungselementen - vergrösserte Ansicht
Säuberlich verpackt macht sich die alte Ölheizung auf die letzte Reise. Mit diesem Schritt verabschiedet sich das Museum für Kommunikation am 11. April 2022 von der fossilen Heizenergie

Gute Gefühle mit Zahlen verorten

Gefühlt haben wir also etwas Gutes getan, ein weiterer Schritt auf dem Weg zum nachhaltigeren Museum. Doch verifiziert man «Gefühltes» gerne mal mit Zahlen und Fakten. Was bringt der Wechsel beim Heizsystem der Umwelt? Konkret sparen wir damit im Schnitt zwischen 46000 und 50000 Liter Heizöl pro Jahr. Das entspricht rund zwei Tanklastwagen inklusive Anhänger. In Spitzenzeiten, also in sehr kalten Perioden oder während der Übergangsphase mit hoher Luftfeuchte ergab unsere Statistik Verbrauchswerte von rund 1500 Liter Heizöl – pro Woche! Das ist viel. Andererseits handelt es sich mit sechs Hallen, diversen Nebenräumen und einer Gesamtfläche von rund 5300 m2 durchaus um eine grosse Liegenschaft.

Um Zahlen einzuordnen, hilft oft der Vergleich. Ein durchschnittliches Einfamilienhäuschen älterer Bauart mit 140 m2 verbraucht für die Heizung rund 2100 bis 2910 Liter Heizöl im Jahr.

Zufälligerweise führt der hier Schreibende – man möge ihm Kleinkariertheit vorwerfen – seit der Anschaffung seines Autos akribisch Statistik. Er trägt jeden Franken in die Liste ein. Als kritischer Zeitgenosse möchte er wissen, was ihn das Gefährt tatsächlich kostet und nicht, was ihm die Automobillobby verspricht oder die politische Gegnerschaft des motorisierten Individualverkehrs als Abschreckung vorrechnet. Seit dem 24.08.2017 hat er 65414 km erfahren und dafür 3638 Liter Benzin verbraucht (Stand 12.12.2022). In den letzten gut 5 Jahren hat er theoretisch mit seiner Karre also rund 1,5 mal die Erde umrundet. Defacto ging er damit jedoch primär zur Arbeit ins abgelegene Sammlungsdepot. Mit der in fünf Jahren verbrauchten Menge Brennstoff hätten wir dieses gerade mal 2,5 Wochen beheizt. Ein FA-18 Kampfjet, der hin und wieder über das Depot fliegt, schlürft diese Menge übrigens in rund 45 Minuten weg.

 

Oranger Kleinwagen im Vordergrund und post-gelber Mini-Bus dahinter, im Hintergrund das Depotgebäude - vergrösserte Ansicht
Der erwähnte Kleinwagen des Autors. Im Hintergrund das selbstfahrende Postauto Smartshuttle aus dem Jahr 2016 – E-Mobilität fand bereits Eingang in unsere Sammlung.

Wir gehen weiter

Kulturgüter für die Allgemeinheit vs. Egotrip? Lange Freude vs. ein paar Grad Celsius mehr im Depot? Man muss die Dinge gar nicht gegeneinander ausspielen. Es genügen die Auseinandersetzung und die Erkenntnis, dass es dringendes Ziel ist, aus der fossilen Energieumsetzung auszusteigen. Einen solchen Schritt haben wir im Museum nun getan. Es ist einer von vielen. In weiteren Schritten optimieren wir die Heizzyklen so, dass die Heizung vorwiegend dann Wärme produziert, wenn die Solaranlage Strom produziert. Und wir spüren die nächsten Einsparmöglichkeiten in unserem Museumsuniversum auf. Denn so sehr wir uns darüber freuen, dass Heizöl bei uns Geschichte ist, so sehr ist uns auch bewusst: Bis zum Ziel eines wirklich nachhaltigen Museums ist es noch ein langer Weg.  

Autor

Tim Hellstern, Konservator-Restaurator Technisches Kulturgut

Teilen

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

X