Zahlen bitte! Eins, zwei, drei, vier – die Postleitzahl von Vessy ist hier
Die Postleitzahlen gehören zur Ortschaft. Quasi DNA. Dabei waren sie gar nicht immer Teil der Adresse. Sie wurden erst im Jahr 1964 in der Schweiz eingeführt. Dank einer modernen Sortiermaschine. Ein Gastbeitrag von Irma Aregger.
«Jedes Mal Postleitzahl» – mit diesem Slogan rührte die Schweizer Post in den 1960er die Werbetrommel. Als drittes Land weltweit – nach USA und Deutschland – präsentierte sie 1964 an der Schweizerischen Landesausstellung in Lausanne die erste Briefsortiermaschine. Die Lösung einer Notsituation, denn einerseits verdoppelte sich die Briefmenge dank der damalig guten Wirtschaftslage und gleichzeitig nahm die Zahl qualifizierter Arbeitskräfte ab, die die Pöstlergeographie beim Handsortieren auswendig kennen mussten. Zudem garantierte die Post mit dieser Innovation, dass die Sendungen zuverlässiger und schneller bei den Empfängern ankamen. Was vor 60 Jahren begann, gilt heut immer noch.
So wie bei mir. Manchmal ists ein Lied, das irgendwo läuft. Und mich aus dem Hier und Jetzt abholt. Oder ein Geruch, der in meine Nase zieht und oben im Gehirn das Licht in der Erinnerungskammer anknipst. Zuweilen ists bloss ein einziges Stück Papier. In diesem Fall ein grüner Einzahlungsschein, der mir aus einer alten Kiste entgegenflattert. Und zack, katapultierts mich in meine Vergangenheit zu den Postleitzahlen.
Anfangs 90er (1990, nicht 1890!) sass ich im Sekretariat einer Druckerei, in der Tag für Tag Einzahlungsscheine produziert wurden. Die Bestellungen aus der ganzen Schweiz kamen hier zusammen, die Maschinen liefen heiss. Jede Firma, jeder Betrieb, viele Einzelpersonen benötigten damals für sich oder ihre Kunden Einzahlungsscheine, schliesslich war das der einfachste Weg, das Geld für welche Dienstleistung auch immer, einzufordern. Die riesigen Bögen wurden also gedruckt, geschnitten, sortiert, gebündelt, Auftrag um Auftrag und ich schrieb jeweils die Rechnungen dazu. Listete die verschiedenen Postleitzahlen zum Bestellauftrag hinzu und konnte tatsächlich, also im Lauf der Zeit, viele, viele Postleitzahlen auswendig. In meinem Freundeskreis war ich bekannt als diejenige, die stets danach fragte, woher jemand kommt und zack, die richtige Postleitzahl dazu lieferte. Erst dachten sie, es sei ein Trick, danach merkten sie, es war ein Tick!
Ich zog die Reissleine und nach 3000 Bern. Liess also 6000 Luzern hinter mir. Die Wochenenden verbrachte ich trotzdem fast immer in 7430 Thusis. Da bin ich aufgewachsen, quasi mein Heimatort, wobei der offizielle 6113 Romoos heisst. Seit bald 30 Jahren wohne ich in einer Nachbarsgemeinde von 8000 Zürich. Postleitzahlen, alles aneinandergereihte Zahlen, randomisiert könnte man meinen, doch Obacht, dahinter steht selbstverständlich ein System.
Alles hat ein System – nur erschliesst es sich mir nicht
Ein vierstelliges nach dem Verkehrsnetz der Postzustellung. Keine Logik nach Kantönligeist sondern nach Logistikwegen der Post. Die Schweiz wurde also einst von West nach Ost nummeriert. Die erste Ziffer gehört zum Leitkreis. Die tiefste Postleitzahl erhielt somit Lausanne (1000), die höchste liegt im Toggenburg – natürlich Ostschweiz, schliesslich trumpft St. Gallen mit 9000 auf – mit 9658 Wildhaus.
Die zweite Ziffer grenzt die Region ein wenig mehr ein, sie gehört zum Leitgebiet. Zum Beispiel 65xx ist für die Region Bellinzona besetzt. Die dritte Ziffer legte fest, auf welcher Bahnstrecke die Post transportiert wurde und ist heute, nun ja, veraltet. Quasi ausgemustert und hat keine Bedeutung mehr – aber sie darf trotzdem bleiben. Gibts ja selten genug. Und die vierte, Trommelwirbel, steht für den Ort! Genau, 7430 ist die Postleitzahl von Thusis, das Nachbardorf Masein hat 7425 erhalten und das ein Stück weiter entfernte Obermutten hat sich 7431 unter den Nagel gekrallt. Nun, diese Logik ist mir noch nicht ganz klar.
Dann gibts auch Ortschaften mit den gleichen Postleitzahlen wie zum Beispiel 5415 Nussbaumen und 5415 Hertenstein, die beide im Kanton Aargau zu finden sind, die postintern jedoch mit 541500 und 541501 unterschieden werden, also sechstellig sind. Eine mehr als in Deutschland. Und zwei weniger als in Portugal. Imfall das jemand wissen möchte.
4444 Rümlingen (BL), eine Schnapszahl, und wer zu viel Hochprozentiges intus hat, sieht, ach du heiliges..., doppelt: 8888 Heiligkreuz (Mels). Vielleicht hilft beten, um wieder nüchtern zu werden und sich auf die Ortschaft «La Cibourg» zu konzentrieren. Die erstreckt sich nämlich über drei Gemeinden und zwei Kantone und trumpft daher mit drei eigenen Postleitzahlen auf: 2300, 2333 und 2616. Bei 3801 kommt die Post frisch zum Jungfraujoch und bei 3823 eisig zum Eigergletscher.
Wer nun mit eigenen Augen die alten Postleitzahlen-Verzeichnisse, die Postkurskarten mit Strassen und Verbindungswegen studieren will, der tauche selbst ins PTT Archiv in 3098 Köniz ein. Ein kurzer Anruf oder eine Mail dorthin und schon liegen die Unterlagen bereit. Und Auskunft gibts unbürokratisch obendrauf.
Autorin
Irma Aregger, Gastautorin (irma-aregger.ch)
Kommentare (1)
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Anna Hugam 28.08.2024AntwortenSpannend! Aber: im Titel ist bei 1234 Vessy ein "e" zuviel ;-)